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Dienstag, 10.12.2019

Beitragsentlastung für Betriebsrenten: Anhörung im Gesundheitsausschuss positiv

Worum geht es?

Es soll zum 01.01.2020 ein Freibetrag von 159,25 EUR für Betriebsrenten neu eingeführt werden. Damit werden erst auf höhere Betriebsrenten Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) fällig. Da nach Berechnungen der Regierung rund 60 % der Betriebsrentner weniger als 318 EUR im Monat bekommen, werden sie künftig maximal den halben statt wie bisher den vollen Krankenkassenbeitrag bezahlen. Die übrigen 40 % würden mit der Regelung ebenfalls entlastet. Von dem Freibetrag sollen ab dem Stichtag 01.01.2020 auch jene Betriebsrentner profitieren, deren Rentenbezug vor 2020 begonnen hat oder deren Kapitalauszahlung weniger als zehn Jahre zurückliegt. Der Freibetrag verändert sich jährlich mit der Lohnentwicklung. Bislang gibt es lediglich eine dynamische Freigrenze in Höhe von 155,75 EUR (2020:159,25). Betriebsrenten bis zu dieser Summe blieben beitragsfrei. Wer jedoch mehr Betriebsrente bekam, musste dann auf die komplette Summe den Krankenkassenbeitrag bezahlen. Für die Beiträge zur Pflegeversicherung soll weiter die Freigrenze gelten. Die Bundesregierung rechnet aufgrund der Reform mit Mindereinnahmen in der GKV in Höhe von 1,2 Mrd. EUR jährlich, die 2020 komplett aus der Liquiditätsreserve des Gesundheitsfonds finanziert werden sollen. Von 2021 bis 2023 sollen die fehlenden Beträge noch teilweise aus dem Gesundheitsfonds bereitgestellt und stufenweise zurückgeführt werden. Ab 2024 müssen die Krankenkassen die Beitragsausfälle dann in voller Höhe selbst tragen.

In der Anhörung herrschte einhellig die Auffassung, dass die Gesetzesnovellierung in die richtige Richtung geht. Kritisch gesehen wurde teilweise die Finanzierung über die Krankenkassen statt über die Steuer und natürlich gab es auch Forderungen nach Mehr. Insbesondere der Verein der Direktversicherungsgeschädigten wies deutlich darauf hin, dass die Altfälle nicht profitieren. Er forderte eine Entschädigungsregelung für Altfälle und einen Aufteilungszeitraum von Kapitalzahlungen über 240 (statt über 120 Monate), um die Betriebsrentner zu entlasten. Auch die Einbeziehung bzw. die Nicht-Einbeziehung der Pflegeversicherung wurde kontrovers diskutiert.

Aus den Stellungnahmen/der Anhörung einige bemerkenswerte Punkte:

1. Freiwillig Versicherte

Sowohl der GKV-Spitzenverband wie die Arbeitsgemeinschaft für betriebliche Altersversorgung (aba) wiesen darauf, dass freiwillig Versicherte nicht von der Neuregelung profitierten. Der GKV-Spitzenverband verwies dazu auf den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts:

"Vor dem Hintergrund des eingangs zitierten Beschlusses des Verwaltungsrates des GKV-Spitzenverbandes (Anmerkung: der Beschluss befürwortet die Entlastung auch von freiwillig Versicherten), der auf pflicht- und freiwillig versicherte Empfänger von Versorgungsbezügen abstellt, sowie eingedenk der damaligen Anforderungen des Bundesverfassungsgerichts zur Angleichung der beitragsrechtlichen Regelungen für versicherungspflichtige und freiwillig versicherte Rentenbezieher ( Beschluss des BVerfG vom 15.03.2000 - u.a.1 BvL 16/96 -), ist für die Gesetzgebung die Frage aufgeworfen, ob die ausschließliche Entlastung der versicherungspflichtigen Bezieherinnen und Bezieher von Betriebsrenten unter dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung gerechtfertigt werden kann, zudem, ob das gesetzliche Regelungsziel, nämlich die Förderung der betrieblichen Altersvorsorge, allein durch die Entlastung der Versicherungspflichtigen gelingen kann."

Der "schwarze Peter" liegt also beim Gesetzgeber, der § 240 SGB V entsprechend anpassen müsste, damit auch freiwillig Versicherte profitieren können.

2. Umsetzung sofort, gleich oder doch erst später?

Schon jetzt ist absehbar, dass die Umsetzung für Irritationen bei den Betroffenen sorgen wird. Denn zum 01.01.2020 tritt das Gesetz zwar formal in Kraft, aber die technische Umsetzung wird - so der GKV-Spitzenverband - wahrscheinlich im günstigsten Fall erst im Herbst 2020 oder sogar Anfang 2021 erfolgen können. Ein Lichtblick könnte sein, dass die Rückabwicklung dann automatisch durch die Krankenkassen veranlasst wird. Die aba fordert zu dieser Verzögerung eine Information des Bundesgesundheitsministeriums, auf die die Zahlstellen verlinken können.

Hier die Stellungnahme des GKV-Spitzenverbands zur Umsetzung:

"Das frühzeitige Inkrafttreten der Regelungen bereits zum 1. Januar 2020 stellt die Beteiligten vor erhebliche Herausforderungen. Fest steht, dass eine direkte Umsetzung zu diesem Zeitpunkt ausscheidet. Es kann davon ausgegangen werden, dass die Zahlstellen der Versorgungsbezüge eine deutlich längere Vorlaufzeit zur Berücksichtigung des künftigen Freibetrages und die Trennung der Beitragsberechnung für die Krankenversicherung einerseits und die Pflegeversicherung andererseits in ihren Abrechnungsprogrammen benötigen; gleiches gilt hinsichtlich der Umsetzungsarbeiten auf Seiten der Krankenkassen. Es muss angenommen werden, dass angesichts der komplexen Umsetzungserfordernisse ein insoweit erweitertes Meldeverfahren zwischen den Krankenkassen und den Zahlstellen der Versorgungsbezüge voraussichtlich nicht vor 2021 etabliert werden kann. In der Konsequenz wird es im Kalenderjahr 2020 zunächst zu fehlerhaften Beitragsberechnungen kommen, die nachfolgend aufwändig rückabzuwickeln sind. Regelungen, die eine rückwirkende Entlastung von Betriebsrentnerinnen und Betriebsrentnern vom Zeitpunkt des Inkrafttretens an bis zur softwaretechnischen Anpassung möglich machen, sollten daher getroffen werden. In diesem Zusammenhang ist auch zu beachten, dass bei einer späteren Umsetzung etwaige Erstattungsbeträge ggf. zulasten der Solidargemeinschaft zu verzinsen wären."

Hinweis:

Die abschließende 2. und 3. Lesung des Bundestages steht für diese Woche auf der Tagesordnung. Der 12.12.2019 könnte dann in die Geschichtsbücher der betrieblichen Altersversorgung eingehen. Und am 13.12. gibt es das erste Webinar zu den Neuregelungen, das die Arbeitsgemeinschaft für betriebliche Altersversorgung (aba) kurzfristig organisiert hat. Webinar-Anmeldung

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