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Schadenversicherung 
Dienstag, 23.04.2019

Ein erstes Urteil zur Umweltschadensversicherung

Das Landgericht Düsseldorf hat nun mit Urteil vom 18.12.2018 - 9 S 1/18 entschieden, dass der Deckungsumfang einer Umweltschadensversicherung (USV) nicht auf Fälle des unmittelbaren Eingreifens des Umweltschadensgesetzes (USchadG) begrenzt ist. Eine solche Verengung würde zur Aushöhlung des Versicherungsschutzes führen, weil keine Deckung bestünde, wenn der Versicherungsnehmer (VN) aufgrund anderer bundes- oder landesrechtlicher Normen verpflichtet ist, einen Umweltschaden zu sanieren.

Der Fall:

Die Klägerin unterhielt bei der Beklagten eine Gewerbe-Haftpflichtversicherung. Eingeschlossen war eine Umweltschadens-Basisversicherung. Im Rahmen der Umweltschadens-Basisversicherung war die nachprüfbare erste Feststellung des Umweltschadens durch den VN, die zuständige Behörde oder einen sonstigen Dritten als Versicherungsfall definiert.

Versicherungsschutz bestand für Abwasseranlagen des Versicherungsnehmers sowie Einbringen oder Einleiten von Stoffen durch den Versicherungsnehmer in ein Gewässer oder Einwirken auf ein Gewässer derart, dass die physikalische, chemische oder biologische Beschaffenheit des Wassers verändert wird (sog. Abwasseranlagen- und Einwirkungsrisiko).

Versichert war die gesetzliche Pflicht öffentlich-rechtlichen Inhalts des VN gemäß Umweltschadensgesetz zur Sanierung von Umweltschäden. Als Umweltschaden definiert war unter anderem die Schädigung von Gewässern.

Die Klägerin war beauftragt worden, bei einem Neubauvorhaben vor der Inbetriebnahme eine Innenreinigung sowie den Systemschutz der gesamten Heizungsanlage auszuführen. Zunächst wurde eine physikalische Spülung zur Beseitigung von losen Rückständen (Öle, Fette usw.) vorgenommen. Die Entsorgung des Spülwassers erfolgte durch einen Schacht auf der Rückseite des Gebäudes. Dieser Schacht, der auch zur Abführung des auf der Baustelle anfallenden Oberflächenwassers diente, entwässerte in einen Graben.

Sodann wurde das Heizungssystem wieder mit Wasser befüllt, das nunmehr Reinigungs- und Korrosionsschutzzusätze enthielt. Später führte die Klägerin eine weitere Systembehandlung durch. Die Entsorgung des Spülwassers erfolgte wiederum über den schon vorher benutzten Einlaufschacht auf der Rückseite des Gebäudes.

Anschließend zeigten sich in dem Graben Trübungen und oberflächennahe Rückstände. Die Klägerin beauftragte deshalb eine Firma mit dem Absaugen und der Entsorgung des im Graben gestauten Wassers. Die Beklagte lehnte es ab, die dafür angefallenen Kosten und weitere Kosten zu übernehmen.

Die Entscheidung:

Das Landgericht teilte die Auffassung des Klägers zum Versicherungsschutz im Rahmen der Umweltschadensversicherung. Die Bezeichnung "nachprüfbare erste Feststellung" bei der Definition des Versicherungsfalles ist laut Gericht nach den maßgeblichen Erkenntnismöglichkeiten des durchschnittlichen VN dahin zu verstehen, dass auf der Grundlage von Tatsachen die Verursachung eines Schadens durch den VN feststellbar ist.

Eine Nachprüfbarkeit in diesem Sinne war hier gegeben: Sie lag spätestens nach der Wasseranalyse durch das Wasserwirtschaftsamt mit dem Ergebnis der Feststellung auch in dem Spülwasser enthaltenen biologisch nicht abbaubaren Benzotriazols vor, welches langfristig das Gewässer mit den darin enthaltenen Lebewesen schädigen konnte.

Die Klägerin war im Sinne der Bedingungen zur Sanierung verpflichtet. Soweit die Bedingungen auf das Umweltschadensgesetz (USchadG) Bezug nahmen, ergab sich die Verpflichtung der Klägerin aus dessen §§ 6 und 8. Allerdings bestimmt § 1 USchadG, dass dieses Gesetz nur Anwendung findet, soweit Rechtsvorschriften des Bundes oder der Länder die Vermeidung und Sanierung von Umweltschäden nicht näher bestimmen oder in ihren Anforderungen dem Umweltschadensgesetz nicht entsprechen. Auf den vorliegenden Fall fand Art. 55 BayWG (Bayerisches Wassergesetz) als vorrangige Rechtsvorschrift Anwendung.

Darauf, dass Versicherungsschutz nur im Falle unmittelbaren Eingreifens des USchadG wegen Fehlens anderer Bundes- oder Ländervorschriften eingreift, konnte das Leistungsversprechen der Beklagten nach den maßgeblichen Verständnismöglichkeiten des durchschnittlichen VN gleichwohl nicht reduziert werden, denn eine solche Verengung würde nach Meinung des Gerichts zur Aushöhlung des Versicherungsschutzes führen. Der vereinbarte Versicherungsschutz würde nämlich beim Vorliegen speziellerer bundes- oder landesrechtlicher Vorschriften und damit in vielen Fällen nicht greifen. Es liege auf der Hand, dass dies von den Vertragsparteien nicht beabsichtigt gewesen sei.

Eine andere Betrachtung würde auch zu einer lokal unterschiedlichen Ausprägung des Versicherungsschutzes führen: Beim Fehlen landesrechtlicher Regelungen wäre der Versicherungsschutz nämlich infolge der direkten Anwendbarkeit des USchadG gegeben, während Versicherungsnehmer in Bundesländern mit eigenem Regelwerk schutzlos blieben.

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