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Mittwoch, 08.05.2019

Crowd-Investing: Marktgeschehen

Marktausriss in Zahlen

Wir haben aus dem Angebot (ohne Anspruch auf Vollständigkeit) der letzten Monate zwanzig Crowd-Investing-Angebote anhand der wichtigsten Eckdaten erfasst mit folgendem Ergebnis:

  • Die Gesamtinvestitionssumme der zwanzig erfassten Angebote beläuft sich auf knapp 150 Mio. EUR. 100 Mio. EUR sind fremdfinanziert über Banken oder nicht genannte Geldgeber. 12 Mio. EUR stammen aus Eigenmitteln der Emittenten. 18 Mio. EUR beträgt das gesamte Platzierungsvolumen der zwanzig Angebote.

  • Von den zwanzig Angeboten werden sechs zu 100 % aus Crowd-Investing finanziert. Der durchschnittliche Finanzierungsanteil aus Crowd beträgt 40 %. Die Crowd-Investoren mussten oder müssen bei diesen Angeboten im Durchschnitt mindestens 480 Euro, in drei Fällen mindestens 50 Euro investieren. Maximal waren mindestens 1.000 Euro gefordert.

  • Bei den Erfolgsversprechen lag der Durchschnitt bei 5,85 % p.a., in der Spitze wurden 8,5 % p.a. versprochen. Bei einem Angebot gab es kein Versprechen.

  • Bei den Projekten sind Immobilienanlagen in der Mehrzahl. Auffällig ist die Häufung von Angeboten zu Immobilien in Österreich, was wohl daran liegt, dass sehr aktive deutsche Crowd-Funding-Plattformen österreichischen Ursprungs sind.

Start-Up-Finanzierung?

Bei den zwanzig von uns erfassten Crowd-Funding-Angeboten waren allenfalls sechs Angebote als echte Start-up-Finanzierungen anzusehen. In allen anderen Fällen handelte es ich um die Abdeckung von Finanzierungsspitzen, vermutlich solche, die der Kreditgeber/die Bank nicht finanzieren wollte. Diese Entwicklung war abzusehen, weil Crowd-Investing-Finanzierung zu den in Deutschland angewandten gesetzlichen Bedingungen aus der Sicht einer finanzierenden Bank als Eigenkapitalersatz gelten kann. Das hat mit der weitgehenden faktischen Rechtlosigkeit des Crowd-Investors aufgrund der in Deutschland zugelassenen Gestaltungsformen zu tun. Eine Start-up-Finanzierung, wie vom Gesetzgeber eigentlich gewollt, findet beim deutschen Crowd-Investing also eher selten statt.

Anleger sind offenbar nicht wählerisch

Man fragt sich, was einen deutschen Investor verleiten mag, eine Wohnimmobilie in Niederösterreich oder die Projektentwicklung eines Biomassekraftwerks in Kuba zu finanzieren. Crowd-Investoren vertrauen zudem unbekannten Investoren. Verglichen mit dem Anlegerverhalten von vor wenigen Jahren, als ein neues Finanzprodukt ohne Nähe zu einem bekannten Finanzunternehmen bei Anlegern noch wenig Chancen hatte, ist erkennbar viel passiert.

Investoren übersehen die Risiken

Neben dem einfachen Zugang über das Internet ist sicher die Verlockung durch die versprochenen Renditen, gerade im Vergleich zu den traditionellen Sparbuch- und Festgeldanlagen, für den Boom des Crowd-Investing verantwortlich. Und gerade das zeigt, dass für den Anleger Fakten eigentlich keine Rolle spielen, weil auch unerfahrene Erstanleger erkennen müssten, dass die Verzinsung von gesetzlich abgesicherten Bankeinlagen mit den versprochenen Erträgen der weitgehend unkontrollierten Beteiligungen an hochriskanten Crowd-Investing-Objekten nicht vergleichbar sind

Allerdings finden die deutlich zunehmenden Insolvenzen bei Crowd-Investing in Zeiten der Milliardenstrafzahlungen von Automobilunternehmen selten den Weg in die Medienberichterstattung. Außerdem wirkt die Gesetzgebung, die dem Crowd-Investing meint besondere Vorteile verschaffen zu müssen, auf potenzielle Investoren vertrauensbildend. Die für Anleger höchst gefährlichen gesellschaftsrechtlichen Gestaltungen im deutschen Crowd-Investing, meist über Nachrang- oder partiarische Darlehn, werden von vielen Anlegern als "irgendwie sicher" angesehen, will sie vom Gesetzgeber akzeptiert werden.

Fazit:

Das Geschäft mit dem Crowd-Investing geht auf der Vertriebsseite wesentlich zulasten der Finanzberater und Finanzmakler. Den Schaden in Grenzen zu halten erscheint eigentlich nur durch Aufklärung der Kundschaft über die Risiken dieser Anlagen möglich. Schließlich sind die Totalverlustrisiken höchst präsent und die Eignung für die Altersvorsorge sehr weit entfernt.

Dieser Beitrag wurde erstellt von Helmut Kapferer.

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