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Freitag, 16.08.2019

Insolvenzwelle bei Crowd-Investing

Hintergrund:

Crowd-Investing ist "in". Immer mehr Plattformen werden gegründet, die mit teilweise aggressiven Werbemethoden versuchen, geeignete oder willige Unternehmen zu finden, deren Finanzsituation sie versprechen verbessern zu wollen.

Die Internet-affinen zwanzig- bis fünfzigjährigen Anleger haben vielfach entdeckt, dass sie ihre Geldanlage auch selbst in die Hand nehmen können und dass es dazu nur ein paar Klicks braucht. So wird die von gesetzlichen Vorgaben belastete Beratung durch Bank- und Finanzberater aus der Sicht vieler Anleger als unattraktiv, langweilig und unmodern empfunden. Der bei Crowd-Investing geringe Zeitaufwand bei der Investition und der einfache Zugang vom heimischen Schreibtisch aus, täuschen auch darüber hinweg, dass bei Crowd-Investing Risiken eingegangen werden müssen, die nicht zur Lebenssituation dieser Anleger passen.

Der Anleger meint besonders schlau zu sein, wenn er auf bequeme Art und Weise und schnell entschlossen in eine tolle Villa in Österreich, eine Immobilie auf Mallorca oder ein Windrad in der Eifel investiert. Auch mit der Finanzierung von Brunnenanlagen in Algerien oder einem Haarersatz-Hersteller aus Deutschland kann man sein Glück versuchen.

Investiert wird meist über sog. Nachrangdarlehn oder ähnliche Konstruktionen, bei denen der Anleger im Insolvenzfall zu allerletzt bedient wird (daher die Bezeichnung Nachrang). Häufig wird über Crowd-Investing auch nur der Teil einer Investition finanziert, für den es von der Bank keinen Kredit gab, was zur Folge hat, dass im Falle eines Falles die Bank zwar ihren gut besicherten Finanzierungsteil verlustfrei glattstellen kann, der Crowd-Investor hingegen leer ausgeht.

In seinem Beitrag "Stupid Crowd-Money" vom 24.07.19 auf "investmentcheck.de" formuliert der bekannte Fachjournalist Stefan Loipfinger das Problem mit den Nachrangdarlehn auf drastische Weise so: "Crowdfinanzierungen über Nachrangdarlehen haben einen systemimmanenten Nachteil: Anleger haben keine ausreichenden Kontroll- und Mitspracherechte und sind häufig nur billig abgespeiste Nachrangkapitalgeber."

Ein Problem des deutschen Crowd-Investing liegt aber auch darin, dass an einer vollständigen Aufklärung des Anlegers über die Risiken eigentlich kein Beteiligter Interesse hat. Das Unternehmen natürlich nicht, weil das Mehr an Aufklärung die Platzierung verzögert. Die Plattform, auf der das abgewickelt wird, wird in der Regel aus dem Platzierungserlös vergütet und die Finanzaufsicht will dem Anleger, der in dieser als risikoreich allgemein (ihm jedoch oft nicht) bekannten Investitionsform anlegen will, keine Hemmnisse in den Weg legen.

Die Insolvenzwelle rollt

Einerseits gehören Insolvenzen beim systemimmanent hochrisikobehafteten Crowd-Investing einfach dazu. Die jüngste Welle ist jedoch auffällig. Innerhalb weniger Wochen gingen die Verantwortlichen von Fairbuy24 (Plattform Kapilendo), von dem Audio-Händler und -Entwickler "Yamazoki" aus Passau (Vertrieb durch bankless24, aus Weiterstadt) sowie drei "Fundings" der Plattform GLS Crowd (zuletzt, die MindTags GmbH) zum Konkursrichter und im Zuge der "Betriebseinstellung" der Deutsche Mikroinvest DMI dürften auch die Beteiligten der Firma "Gensoric" hohe Vermögenseinbußen erleiden. Alle diese Meldungen entnahmen wir dem Newsletter "investmentcheck.de".

Immer mehr verstärkt sich jedoch der Eindruck, dass das nicht nur an dem systembedingten Risiken von Crowd-Investing liegt, sondern an der in Deutschland etablierten Form der Geschäftsabwicklung, die de facto dazu führt, dass Crowd-Investoren weitgehend rechtlos sind. Die Investoren sind sich dieses Risikos offenbar nicht bewusst, auch nicht der Tatsache, dass es für sie im Falle eines Falles auch schwer wird, ihr Recht durchzusetzen, u.a. weil es keinen Emissionsprospekt gibt, auf den man eine Klage stützen könnte.

Fazit:

Die aktuelle Insolvenzwelle im Crowd-Investing könnte sich weiter ausweiten. Schließlich ist das Crowd-Investing in Deutschland relativ jung und boomt erst seit wenigen Jahren. Geht man auch bei besonders unsoliden Angeboten von einer gewissen Mindestzeitdauer bis zur möglichen Insolvenz aus, könnte die aktuelle Welle nur der Anfang sein. Loipfinger befürchtet sogar im Begleittext zum seinem Newsletter "Investmentcheck-News KW 30/2019", dass "das zarte Pflänzchen Wertpapieremission ohne Verkaufsprospekt (also vor allem Crowd-Investing d. Red.) durch die beschriebene Entwicklung "zerstört werden könnte". In der Tat, irgendwann wird die Politik reagieren müssen. Es muss aber auch Aufgabe des Finanzberaters sein, seine Kunden auf die Risiken dieser Anlageform hinzuweisen.

Dieser Beitrag wurde erstellt von Helmut Kapferer.

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